Viele meiner Zeichenkollegen bezeichnen sich selbst als ihre größten Kritiker. Ich würde so etwas niemals von mir behaupten, denn ich selbst finde mein Zeugs eigentlich immer supergeil. Mein größter Kritiker ist meine Frau.

KEIN VATERTAG ist wahrscheinlich mein bisher persönlichstes Werk. Meine Frau und ich trugen uns eine zeitlang mit dem Gedanken, eine Familie zu gründen. Aber wie das so ist: Wir kamen schon etwas betagter zusammen (ich hatte damals gerade die biblische Marke von 40 Jahren knapp überschritten) und warteten auch noch ein wenig (man weiß ja nie, ob so ne Beziehung auch gut geht). Aber anscheinend war ich dann irgendwann einfach zu alt oder habe mein Handy zu lange in der Hosentasche getragen oder zu exzessiv masturbiert, denn ich ballerte nur noch mit Schreckschussmunition. Wir entschlossen uns, ein Kind zu adoptieren und durchliefen die Irrungen und Wirrungen des Aufnahmeprozesses in die Adoptionselternkartei. Die wir dann nach einem halben Jahr auch wieder verlassen durften, weil wir dann beide zu alt für eine Adoption waren. Nun haben wir vier Katzen – miau.

Damit enden aber auch schon die Gemeinsamkeiten von Biografie und Fiktion. Geblieben war die Idee für eine Geschichte sowie Überzeugungsarbeit, die ich bei meiner Frau zu leisten hatte. Sie befürchtete, dass ich mit der Geschichte nicht nur meine sondern auch ihre Hose runter lassen würde. Sie wollte sich nicht wiedererkennen und ich sollte nicht aus dem Nähkästchen plaudern. Ein Eiertanz begann.

Den Comic veröffentlichte ich vom 1. Januar bis zum 31. Dezember letzten Jahres im Internet, jeden Tag ein neues Panel. Ich wählte diese Form, weil ich mir dachte, dass “ein verdammtes Panel am Tag ja wohl schaffbar” ist und ich ansonsten befürchten musste, das Projekt wieder auf Eis zu legen. Anfang, Mitte und Ende der Geschichte hatte ich bereits, das ganze Zwischendurch musste ich improvisieren. Je länger ich an dem Comic arbeitete, desto mehr wuchsen mir die Charaktere ans Herz. Sie wuchsen mit mir und es viel mir immer leichter, ihnen die richtigen Worte in den Mund zu legen, so dass mir im Dezember, als das letzte Panel nahte, der Abschied richtig schwer fiel.

Kurz nach seiner Beendigung liess ich den Comic drucken und schenkte ihn meiner Frau zum Geburtstag. Sie hatte ihn bis dahin noch nicht gelesen und ich hatte ein wenig Herzklopfen. War ich weit genug weg von “uns”? Gefiel ihr die Geschichte? Sie gefiel ihr! “Das ist der beste Comic, den du jemals gemacht hast” (als ob ich das nicht selber wüsste), rief sie und fiel mir um den Hals. Und ich meine, ich hätte da noch eine kleine Träne in ihrem Augenwinkel gesehen.

Als ich heute Morgen davon erfuhr, dass KEIN VATERTAG den ICOM-Preis 2021 in der Kategorie “Bester Independent Comic (Selbstveröffentlichung)” gewonnen hat, meinte sie nur lapidar: “Hab ich dir doch gesagt, das Ding ist gut!”

Ich freu mich jedenfalls sehr über den Preis (denn machen wir uns nichts vor, “Klappern gehört zum Geschäft”)! Wer nun Lust bekommen hat, den Comic selber zu lesen, der kann dies auf mehreren Wegen tun: Einmal online und vollkommen umsonst auf Sequentialz oder aber in gedruckter Form. Im September 2021 erschien die ganze Geschichte im Hardcover bei Kult Comics, die hier (bei mir) oder hier (bei Kult Comics) erworben werden kann.

Viel Spaß beim Lesen!