Nach fünf Jahren Zusammenarbeit und sieben gemeinsamen Heften endet die Kooperation von Matt Eagle und dem Verlag PLEM PLEM Productions. Und das kam so:
Das allererste Konzept meines Action Helden „Matt Eagle“ stammt bereits aus dem Jahr 2016 und entsprang eines ausufernden Videoabends (mit mir selbst), in dessen Verlauf ich nahezu jeden klassischen 80er Jahre-Actionkracher von Rang und Namen ins DVD-Laufwerk geschoben hatte. Das schlechte Gewissen ließ nicht lange auf sich warten, schließlich hätte ich in der Zeit prima einen Comic zeichnen können. Hm, vielleicht konnte ich beides ja miteinander kombinieren? Ein Bier später war Matt Eagle geboren.
Wie auch sonst bei mir üblich, musste ich mit dieser Idee erst einmal schwanger gehen, und so dauerte es bis 2018, als ich mich wieder ans Zeichenbrett setzte, um Konzepten Taten folgen zu lassen. Zunächst zeichnete ich passend zum Genre einen 12-seitigen Trailer, der einen ersten Blick auf Stimmung und Look (und die dürftigere Handlung) ermöglichte. Den druckte und klammerte ich in meiner Comic Cabin, beschnitt das Ganze auf VHS-Kassettengröße, packte es in eine Videohülle und bewarb mich auf der Comic Con Stuttgart bei einigen Independent-Verlagen. Einige hatten Interesse, den Zuschlag erhielt am Ende Plem Plem Productions, da der Verleger Chris gerade mit seinem bayrischen Superheld „Tracht-Man“ ordentlich durchstartete und ich mir davon einen Synergie-Effekt erhoffte. Zudem kannte ich die Jungs durch unsere Zusammenarbeit bei diversen „Mr. Kill“-Geschichten. Thorsten vom Verlag brachte mich mit dem Koloristen Marc Blinn in Kontakt (der als Autor/Illustrator bei Plem Plem u. a. „Riot“ verantwortet), ich selbst warf als Cover-Maler den begnadeten Stefan Sombetzki in die Waagschale (der aus irgendeinem Grund dachte, wer würde mir noch was schulden – und ich ließ ihn natürlich in diesem Glauben). Mit diesem Team setzte der Adler zum Flug an.
2019 erschien das erste Heft, bis 2024 sollten noch sechs weitere folgen und der erste Handlungsbogen war abgeschlossen. Für den zweiten Story Ark saß bereits Thomas „Tomppa“ Leopold mit an Bord, der die Stelle des Cover Artist von Stefan übernommen hatte (wer seinen „Councelor“ noch nicht kennen sollte: Bitte kaufen!). Es konnte und sollte weitergehen und ich schrieb Verleger Chris eine Nachricht, ob wir denn, wie besprochen, zu Erlangen ein Matt Eagle-Spezial machen wollen. Die Resonanz war, wie die Amis sagen würden, „underwhelming“. Ich merkte Chris an, dass er keine rechte Lust verspürte, viel Geld in ein, wie von mir angedacht, aufwändiges Messeheft zu versenken. Nach einer Runde mit dem Hund ließ er die Bombe platzen: Die Bestellungen würden weniger, die Zahl der Abos stagniere, lediglich die Druckkosten stiegen. Er sähe sich gezwungen, Matt Eagle mit Heft 7 bei Plem Plem enden zu lassen.
Natürlich musste ich erstmal schlucken. Meine Frau, die neben mir auf der Couch saß und die Discord-Kommunikation aus dem Augenwinkel verfolgte, fragte mich mit frechem Grinsen, ob denn meine Freundin mit mir per SMS Schluss gemacht habe. „So ähnlich“, antwortete ich, „aber mit der umgedrehten Floskel: Es liegt an dir und nicht an mir“! Mit anderen Worten: Der Adler ist wegen Erfolglosigkeit abgeschmiert. Das saß! Aber nur kurz, denn: Ich kann Chris so gut verstehen. Viel mehr noch, an seiner Stelle hätte ich genau so gehandelt.
Eine kurze Exkursion durch die deutsche Indie-Comic-Szene. Anders als Belgien, Frankreich oder die USA ist Deutschland nicht unbedingt das geilste Land für Comiczeichner. Sicher, es gibt eine Handvoll deutscher Zeichner, die von ihrer Comiczeichnerei leben können. Das Gros der deutschen Comicszene speist sich allerdings aus Leuten wie mir: Leidenschaftsgetriebene, die der Neunten Kunst nach Feierabend frönen. Die meisten Comicschaffenden finanzieren dies quer durch Einkommen aus anderer Quelle. Viele illustrieren, arbeiten als Grafiker oder ganz artfremd (wie ich) als Sachbearbeiter im Bundesland Rheinland-Pfalz. Man macht’s eben nicht wegen des Geldes sondern ganz einfach, weil man es muss!
Um so mehr ziehe ich den Hut vor jemanden wie Chris, der die Popularität Tracht-Mans nutzte, um sich mit ihm und seinen Verlag selbstständig zu machen. Er lebt nun tatsächlich von seinem sympathischen Superhelden und ballert seitdem ein Heft nach dem anderen heraus. Und da Chris‘ Tag auch nur 24 Stunden hat, muss und sollte er diese natürlich möglichst für ihn und seinen Verlag gewinnbringend anlegen. Arbeit an Tracht-Man macht Sinn, an Matt Eagle leider nicht. Es ist absehbar, dass mein 80er Jahre-Actionheld niemals die Popularität von Tracht-Man erreichen wird, so dass man der Wahrheit ins Auge blicken muss: Man wird mit Matt Eagle kein Geld verdienen.
Zudem ist eine Matt Eagle-Ausgabe kostspieliger als ein vergleichbares Heft aus dem Verlagsprogramm, da ich auf ein offenporiges Naturpapier bestehe. Ich hätte sogar Zeitungspapier bevorzugt, aber das kann absurderweise wirklich keiner mehr bezahlen. Die Rechnung ist also einfach und nachvollziehbar: mangelnder Absatz plus hohe Produktionskosten gleich Unrentabilität. So wird irgendwann aus einem vielversprechenden Comicprojekt ein Luxus, den man quersubventionieren muss, wenn man sich ihn noch länger leisten will. Irgendwann muss ein Verlag wie Plem Plem da die Reissleine ziehen. Was nun geschehen ist.
Dass dies erst mit dem letzten Heft des ersten Handlungsbogen geschehen ist, dafür bin ich Chris sehr dankbar. Der Leser kommt also noch in den Genuss der ganzen Geschichte, ohne dass man ihm etwas schuldigt bleibt. Eigentlich der exakt richtige Zeitpunkt für so eine Entscheidung und ich sage an dieser Stelle gerne einmal Danke, Chris, für die tolle Zusammenarbeit, Danke, Thorsten, für deine gerne angenommenen Ratschläge, Danke, Marc, für deine liebevoll-lieblose 80er Jahre-Kolorierung und Danke, Stefan, für dein Cover Artwork, bei dem du den Kirmes-Maler in dir auf Elf gedreht hast. Es waren tolle fünf Jahre!
Und natürlich geht es mit Matt Eagle weiter. An dieser Stelle in Bälde mehr!
Alle Coverillustrationen von Stefan Sombetzki