Die Originalausgabe von „Die Fliege“ entstand im Jahr 1984 anlässlich eines schulischen Weihnachtsbasars und war seit jeher eine schorfige Stelle, die mich stets gejuckt hat. Im Großen und Ganzen war ich damals sehr zufrieden mit dem Ergebnis, leider war ich aus Zeitgründen nicht in der Lage gewesen, meine 20 Seiten Bleistiftzeichnungen auch noch zu tuschen. Zwar konnte beim Reproduktionsprozess noch an Helligkeit und Kontrast gedreht werden, trotzdem konnte das Endergebnis nicht so recht überzeugen. Die (kleine) Auflage wurde zwar abverkauft, die schorfige Stelle blieb – und juckte.
36 Jahre später. Ich dachte mal wieder über neue Projekte nach und erinnerte mich an „Die Fliege“: Man könnte den Bleistiftzeichnungen ja mal digitale Tusche spendieren! Ich nahm die Blätter aus meiner Schublade der „unfertigen Originale“ und las den Comic zum ersten Mal nach über drei Jahrzehnten wieder durch. Ich musste natürlich schmunzeln, denn was mein 13-jähriges Ich da abgeliefert hat, kennt man gemeinhin unter „Lazy Storytelling“: Viele wichtigen Handlungselemente ergaben sich durch eine irrwitzige Verkettung von Zufällen. Andere tauchten aus dem Nichts auf, wenn sie für die Handlung benötigt wurden und verschwanden danach auf Nimmerwiedersehen. Oder eine wichtige Motivation (Geldmangel) wurde ad absurdum geführt, weil sich der Held keine drei Seiten später anscheinend einen Linienflug in die USA leisten konnte. Auch sah man den Illustrationen ihre zeichnerischen Vorbilder der damaligen Zeit an: Gustav hat was von „Garfields“ Herrchen Jon, einige Figuren schienen direkt aus „Benni Bärenstark“ zu stammen und auch etwas unpassenden „Clever & Smart“-Humor meine ich wieder entdeckt zu haben. Durch alles wehte aber omnipräsent der Geist der Condor-Verlag-Publikation „Die Spinne“ (aka „Spider-Man“), von der ich einige Taschenbücher besaß.
Auf der anderen Seite hatte ich auch viel richtig gemacht. So hatte der Held eine vernünftige Motivation (Geldmangel), ich hab eine solide Gangstergeschichte erzählt und das actionlastige Finale spielt auf dem Empire State Building in New York (eine Stadt, die ich erst später besuchen sollte). Aber vor allem: Hier wir die Ursprungsgeschichte eines Superhelden erzählt! Excelsior!
So entschied ich mich, nicht nur die Bleistiftzeichnungen zu tuschen sondern das Artwork komplett zu überarbeiten, den Text aber soweit wie möglich beizubehalten. Am Ende habe ich aber auch die Geschichte leicht angepasst. Da ich den Comic von vier- auf dreizeilig umstellte und etwas raffinierter mit Pageturnern und Cliffhangern umgehen wollte, hätte er die mir selbst vorgegebene Lauflänge von 24 Seiten locker geknackt. Zudem trennte ich mich noch von der ein oder anderen Slapstick-Einlage und beschloss, der „Fliege“ keinen Degen mehr als Waffe in die Hand zu drücken. Was Anfang der 80er Jahre unter Einfluss diverser Mantel und Degen-Filme durchaus Sinn gemacht hat, stünde aber nach reiflicher Überlegung eher einem „Moskito“ besser zu Gesicht. Dem Geist „Der Spinne“ bin ich allerdings so gut es ging treu geblieben!
Nun ist „Die Fliege“ fertig und es hat mir großen Spaß gemacht, mich in mein 13-jähriges Ich zu versetzen. Schade, dass ich nicht in eine Zeitmaschine steigen kann, um mir dieses Heft 1984 auf dem Weihnachtsbasar zu überreichen. Der „kleine Sascha“ hätte sich gefreut!
Und merke: Nur wer hoch hinaus will, kann tief fallen!
Aetas volat