BREAKING NEWS: Mein Comic „Drinnen“ hat den ICOM-Preis für den „Besten Independent-Comic (Selbstverlag)“ gewonnen! Und das ist etwas, mit dem ich im Leeeben nicht gerechnet hätte.
Aber der Reihe nach: Abwechselnd mit dem Comicsalon Erlangen findet das Comicfestival München alle zwei Jahre rund um den Fronleichnam-Feiertag statt. Und dieses Jahr hatte ich vor, dort mit einem Künstlertisch vertreten zu sein. Der Startschuss meiner Weltkarriere als Comic-Superstar begann 2015 auf eben jener Veranstaltung, als ich im Rahmen der Comic Solidarity (einer Künstlervereinigung) meinen ersten Platz HINTER einem Tisch einnahm (als Fanboy stand ich ja sonst immer davor). Im Gepäck hatte ich damals meinen ersten „ENKLAVE„-Band sowie das Schoolpeppers-Cartoonbuch „Zombie-Anhalter nimmt niemand gerne mit“. Ich war noch total grün hinter den Ohren und sehr nervös. Und obwohl mir das Festival in bester Erinnerung geblieben ist, war ich seit damals nicht mehr da (was natürlich auch Corona geschuldet war).
Dieses Jahr wollte ich aber wieder vor Ort sein und anfangs sah es sogar ganz gut aus. Mein Matt Eagle-Verleger hat einen guten Draht zum Veranstalter und mir (vermeintlich) einen Künstlertisch sichern können. Doch es kam anders. Das Festival musste auf eine andere (kleinere) Location ausweichen, so dass sich schlagartig die Zahl der Künstlertische verringerte. Und die restlichen waren den Local Heroes aus München vorbehalten. Soweit, so okay.
Ich beschloss, dem Comic-Treiben fern zu bleiben, und so befand ich mich gerade mit meinem Freund Olaf auf der Festung Ehrenbreitstein in Koblenz, als mich die Message von der ICOM-Jury erreichte: „Sehen wir uns heute Abend bei der Preisverleihung“? Ich hatte im Vorfeld meinen Comic „Drinnen“ beim ICOM eingereicht. Der ICOM ist der Interessenverband Comic e.V., den es seit 1981 gibt und der sich vor allem für Independent-Zeichner aus Deutschland einsetzt. Seit 1994 wird von ihm der ICOM Independent Comic Preis verliehen, mit dem in der Vergangenheit schon viele tolle Comicschaffende bedacht wurden.
Zurück nach Koblenz. Ich antwortete mit Bedauern: „Leider kann ich nicht in München dabei sein, wünsche aber einen tollen Abend!“. Kurze Stille, dann kam zurück: „Kannst du eventuell jemanden hinschicken, der dich vertritt?“ Ich wurde hellhörig. Sollte das etwa bedeuten, dass …?!? Ich verwarf den Gedanken wieder und bemühte mich um einen adäquaten Ersatz. Dies gelang mir leider nicht und das teilte ich dann auch zerknirscht der Jury mit. Als dann aber die Frage nach meiner Telefonnummer kam, schwante mir was. Geht da tatsächlich was? Auf meiner Rückreise im Zug klingelte dann bei mir das Telefon. Man rief mich direkt von der Preisverleihung aus an. Am Telefon verlas Harald „ASH“ Havas die von Sandra Nusser geschriebene Laudatio auf meinen Comic (hier ein kleiner Auszug:
„Horror im Plattenbau – in 365-Panels kriecht die Geschichte von Oliver uns kalt den Rücken hoch. Der Junge zieht nach dem Tod des Vaters in einen Plattenbau, in dem das Grauen auf sein nächstes Opfer lauert. Wer wird überleben?“
Mein Comic „Drinnen“ hatte tatsächlich den ICOM Independent Comic Preis gewonnen! Ind das war etwas, das ich im Leben nicht für möglich gehalten habe! Was zwei Gründe hat. Zum Ersten: Mein Comic „Kein Vatertag“, von dem ich 2020 täglich ein Panel pro Tag auf meinem Instagram-Kanal veröffentlicht hatte, gewann im Jahr 2021 ebenfalls den ICOM Preis als bester Indie-Comic. Und ich dachte, zweimal schlägt der Blitz nicht in die selbe Stelle ein.
Und zum Zweiten: Bei „Drinnen“ handelt es sich um einen waschechten Genre-Comic. Oder um genauer zu sein, um Horror. Er wurde ebenfalls täglich von mir auf Instagram veröffentlicht (diesmal allerdings über zwei Jahre von 2021 bis 2022) und erzählt die Geschichte einer Kindergruppe, die bemerkt, dass etwas Unheimliches in den Wänden ihres Plattenbaus lauert. Er ist grob unterteilt in drei Teile, von denen der erste Teil eher Millieustudie, der zweite waschechter Horror und der dritte Teil vollkommen überraschend ist. War „Kein Vatertag“ noch ein humorvoll erzähltes „Slice of Life“, herrscht in „Drinnen“ eine unheimliche Stimmung vor. Gezeichnet in dreckigen Strichen und monochrom koloriert (achtet gerne mal beim Lesen auf die Farbgebung, ich hab mir was dabei gedacht), hätte ich nie gedacht, dass der Comic eine Fachjury überzeugen könnte. Was er zu meiner Freude aber tat. An dieser Stelle vielen Dank an die ICOM-Jury, ihr habt dafür gesorgt, dass mich im Zug meine Mitreisenden ob meines spontanen Freunenschreis für einen Psychopathen hielten. Sei’s drum, das war es wert!
Tja, was kann ich noch zu „Drinnen“ schreiben, ohne etwas wegzuspoilern? In der Endphase von „Kein Vatertag“ war ich auf der Suche nach einem neuen Thema für eine tägliche Veröffentlichung und die Idee zu „Drinnen“ sprang mich aus dem Nichts heraus an. Ich schätze, man kann sie am besten als „Stranger Things auf Deutsch“ komprimieren, gewürzt mit einer Prise „Candyman“ (Candyman, Candyman…). Während der Anfangsphase des Comics habe ich beim Zeichnen auch Filme wie „Dark Water“ oder „The Ring“ gesehen und auch über die sehr themenverwandte Serie „Hausen“ bin ich gestolpert. Das half, in die nötige Grundstimmung zu kommen (wenn ich „Matt Eagle“ zeichne, schaue ich gerne nebenbei 80er Jahre-Actionfilme).
Die Geschichte hatte schon sehr schnell Anfang, Mitte und Ende und sollte zunächst wieder nur ein Jahr lang auf Instagram erscheinen. Schnell merkte ich, dass ich zum Erzeugen einer trostlosen Stimmung wesentlich mehr als die 365 Panel benötigen würde, die mir ein Jahr zur Verfügung stellte und ich verdoppelte die Laufzeit (mehr oder weniger, gegen Ende veröffentlichte ich auch mehrere Panel pro Tag, habe somit ein wenig geschummelt).
Die Resonanz war von Anfang an positiv allerdings mit einer kleinen, aber wichtigen Einschränkung: Anders als bei „Kein Vatertag“ viel es vielen Lesern schwer, der täglich in Panel veröffentlichten Geschichte zu folgen. Die Handlung war komplexer, das Personal größer und der Humor, der „Kein Vatertag“ noch in gut lesbare Miniepisoden mit kleinen Pointen am Ende aufteilte, war nicht vorhanden. Einige Leser haben die Story bis zum Ende verfolgt, andere schrieben mir, sie könnten eine Buchveröffentlichung kaum erwarten.
Ich kann stolz verkünden, dass diese nun ansteht! Das frisch ICOM-prämierte Buch wird voraussichtlich im Juli 2023 bei KULT-Comics erscheinen (und mit ein wenig Glück bereits beim Pfälzer Comicsalon auf meinem Künstlertisch liegen). Es wird, wie meine anderen Graphic Novels auch, im US-Format vorliegen, Hardcover haben und im Innenteil auf Naturpapier gedruckt sein. Der 256-seitige Klopper wird in der regulären Ausgabe 35 € kosten, in der limitierten Vorzugsausgaben 50 €. Bestellmöglichkeit und Leseprobe gibt’s hier!
Ich bin glücklich. Darauf einen Asbach Uralt!